Die großen Geschwister

Immer wieder werde ich von Menschen, die um Marlenes Diagnose wissen, gefragt, wie denn die großen Geschwister mit Marlene und der Situation in der Familie umgehen. Klar ist, dass sie oft zurückstecken und Rücksicht nehmen müssen. Viele Dinge, die für andere Familien mit Kindern in ihrem Alter selbstverständlich sind funktionieren bei uns nur sehr bedingt. Ein Wochenendtrip nach Berlin musste so zu Beispiel kurz vorher gekänzelt werden, weil Marlene so überdreht war und soviel geschrien hat, dass eine Übernachtung außer Haus, noch dazu in einem Großstadt-Hotel weder für sie, noch für uns oder andere Hotelgäste zumutbar gewesen wäre. Oft platzen geplante gemeinsame Aktivitäten, weil Marlene Zuwendung braucht , die nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden kann. Und manchmal sind wir Eltern von der ständigen Anstrengung und Anspannung auch so gereizt, dass wir zu schnell ungerecht werden, wenn es um die Belange unserer Großen geht. Wir sind immer bemüht einen Ausgleich für sie zu schaffen, in dem wir z. B. getrennt von einander Ausflüge mit ihnen unternehmen und versuchen immer ein offenes Ohr für ihre Belange zu haben. Manchmal gelingt uns das wohl, manchmal aber auch nicht.

Umso mehr rührt mich als Mutter, wie die beiden mit Marlene umgehen. Sie lieben sie und zeigen das auch immer wieder. Sie sind beide oft geduldiger mit ihr als wir. Die Selbstverständlichkeit mit der sie Marlene so annehmen wie sie ist, füllt mein Mutterherz mit Freude und holt mich manches mal  auch aus einem emotionalen Tief.

Eine Begebenheit an die ich mich immer wieder gerne erinnere ist Folgende: Immer wieder begegnen uns Menschen, die wenig über Autismus wissen. Wir mussten feststellen, dass der Glaube Autisten seien ein wenig seltsame Menschen mit mindestens einer Hochbegabung  weit verbreitet ist. Genau danach werde ich tatsächlich oft gefragt. So oft, dass ich ziemlich müde geworden bin darauf zu antworten. Ich versuche dann zu erklären, dass die meisten Autisten ganz „normal“ intelligent sind, Begabungen und Schwächen haben wie neurotypische Menschen auch, aber dass die meisten nicht „Rain man“ sind. Denn „Rain man“ wird immer wieder als Argument angeführt um die These mit der Hochbegabung zu stützen.

Einmal fragte mich eine Bekannte mal wieder genau das: „Welche besondere Begabung hat sie denn?“ Mein Sohn stand daneben und sagte ohne zu zögern:“Süß sein!“ Und warf jener Bekannten einen Blick zu der besagte:“Also das ist doch wohl offensichtlich!“

Begebenheiten dieser Art helfen mir immer wieder positive Seiten an unserem ganz besondern Familenleben zu entdecken.

Und so ende ich heute mit vergnügten Grüßen

Tabea

 

2 Comments

  1. Peter Jakob

    Liebe Familie Korten,
    Ihr seid so stark und tapfer. Es ist toll, wie Ihr gemeinsam versucht Euer Leben für alle Familienmitglieder erlebbar zu gestalten. Habt ganz viel Kraft und freut Euch gemeinsam über die schönen Dinge des Lebens. Davon gibt es sehr viel. Sicherlich ist nicht jeder Tag gleich, aber jeder Morgen bringt auch neue Kraft.
    Ganz liebe Grüße
    Peter Jakob

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.